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Orte | Die Dörenther Klippen und der Dreikaiserstuhl

Oft vergessen wir, dass das Schöne und Besondere auch direkt vor unserer Türe liegen kann und man gar nicht in die weite Ferne schweifen muss, um atemberaubende Landschaften und sagenumwobene Natur zu sehen. Vor einigen Tagen haben wir mit einer kleinen Gruppe deshalb unsere Rucksäcke mit Proviant & Wasser bepackt, die Wanderschuhe geschnürt und sind aufgebrochen zu den Dörenther Klippen und dem Dreikaiserstuhl in der Nähe von Ibbenbüren.

In der Reihe „phantastische Orte“ nehme ich euch regelmäßig mit auf Wanderschaft und zeige euch Europa & Deutschland von der phantastischen, literarischen, malerischen & märchenhaften Seite.

Die Dörenther Klippen, der Dreikaiserstuhl und eine Felsformation, die sich das „Hockende Weib“ nennt, liegen auf einer der Teutoschleifen im Münsterland. Sie zählen zu den bekanntesten Landmarken in der Region und haben eine lange und reichhaltige Geschichte. Der auf 9,3 km angelegte Wanderweg führt in einer – wie der Name Teutoschleife schon sagt – Schleife durch verschiedene Landschaften: Wälder, Obstbaumwiesen (dazu später mehr!), Heide und steile Klippen. Dabei sind ungefähr 405 Höhenmeter zu überwinden, von denen wir gefühlt alle auf den letzten 1000 Metern bergauf laufen mussten. 

Der Ehrenfriedhof & der Wetterpilz

Zu Beginn der Strecke kommt man recht schnell an einem alten Friedhof vorbei, der an die Gefallenen aus dem 2. Weltkrieg erinnert. Zum Ende des Krieges wurde das Münsterland immer mehr in das Kriegsgeschehen einbezogen. Am 31. März 1945 (Karsamstag) erreichten britische Einheiten Riesenbeck (südlich von Ibbenbüren) und brachten über Nacht schwere Artillerie in Stellung. Etwa 3.000 deutsche Soldaten erreichten am 2. April 1945 die Dörenther Klippen und den Riesenbecker Berg, 17 von insgesamt 29 Soldaten fielen schon am ersten Abend. 

Nach einem kurzen Innehalten auf dem Ehrenfriedhof, der seit 1945 ehrenamtlich gepflegt wird, geht es durch einen schönen Wald in Richtung Wetterpilz, an dem gleich die erste Pause gemacht werden kann. Schon hier zeigt sich die vielfältige Landschaft, die man so aus dem flachen Münsterland voller weiter Felder eigentlich gar nicht kennt: steile Hänge, steinige Pfade und viel Mischwald. Der Wetterpilz steht mitten unter den Bäumen und bietet Schutz vor Sonne und Regen, man kann sich aber genauso gut vorstellen, wie nachts die Kobolde und Feen unter seinem Schirm ausgelassene Feste feiern. 

Der Dreikaiserstuhl & der Königsstein

Recht unerwartet geht es in nur wenigen hundert Metern weiter zum Dreikaiserstuhl mit schmalen Wegen, die zum Abweichen vom Hauptweg einladen (klare Empfehlung, denn Verlaufen kann man sich eigentlich an dieser Stelle nicht). Wenn man sich links hält, gelangt man an steile Abhänge (Vorsicht!) und ist nach kurzer Zeit schon an der ersten beeindruckenden Felsformation bzw. dem ersten der drei „Kaiserstühle“ angelangt. Mutige Kletterer seilen sich gesichert und professionell an den steilen Felsen ab, weniger Mutige klettern einfach auf die großen Steingebilde und genießen die magische Aussicht auf den Wald und die Täler. 

Natürlich haben nicht wirklich drei Kaiser auf den mächtigen Felsen gesessen (auch wenn das durchaus eine epische Geschichte wäre), sondern die Namensgebung erfolgte in Anlehnung an das Dreikaiserjahr 1888. Die royale Benennung der Landschaftsformationen wird einige Meter weiter mit dem Königsstein fortgeführt, von dem aus man einen fantastischen Blick in das umliegende Tal hat. Danach geht es leicht bis mäßig bergab zu einem Punkt, den wir sehnlichst erwartet haben: die Streuobstwiese.

Die Obstbaumwiesen & die „Straße nach Terminus“

Lustig wird die Geschichte erst durch den Zusammenhang: in Vorbereitung auf die Wanderung haben wir uns natürlich in diversen Medien belesen und sind auf eine recht kuriose Sternebewertung in einem Reiseführer gestoßen, die den Wanderweg „Dörenther Klippen“ mit „Obstbaumfaktor 5 Sterne“ bewertet. Da wir uns gefragt haben, wie eindrucksvoll eine Obstbaumwiese sein muss, um diese besondere Erwähnung zu rechtfertigen, waren wir darauf extra gespannt. Und was soll ich sagen: es stimmt! Denn mit einem Mal tritt man aus dem Wald in eine völlig andere Landschaft und findet sich zwischen überladenen Obstbäumen und Bienenhotels wieder. 

An dieser Stelle hat die Arbeitsgemeinschaft für Naturschutz Tecklenburger Land e.V. großartige Arbeit geleistet und eine Streuobstwiese erschaffen, die den „Obstbaumfaktor 5 Sterne“ definitiv verdient. Bei der Anlage geht es vor allem darum, alte Sorten zu erhalten und die Obstbäume als lebendiges Kulturgut zu pflegen. Obwohl ich quasi in der Natur aufgewachsen bin, kannte ich viele der Sorten noch nicht. 

Etwas weiter den Hang hinab kreuzt der Wanderweg eine Bahnstrecke. Wer „The Walking Dead“ gesehen hat und mit „Terminus“ etwas anfangen kann, wird hier ein mulmiges Gefühl bekommen. Denn die einsamen, in den Wald verlaufenden Gleise erinnern an den verhängnisvollen Weg, den einige der Figuren der Serie einschlagen. Uns hat der Weg aber glücklicherweise nicht nach Terminus gebracht.

Die Sage vom hockenden Weib

Nach einem kurzen Abstecher in das angrenzende Dorf, einem Zusammentreffen mit einem netten Anwohner, der uns freundlicherweise wieder auf den richtigen Weg schicken konnte (Danke!) und einem kurzen Regenschauer zwischen den Heidelbeersträuchern ging es, vorbei an Feldern und alten Höfen, erneut in Richtung Wald. Zunächst führt der Weg aber lediglich am Waldrand entlang, gesäumt von Heidelandschaft und weiteren Kuhweiden. Kurz vor dem „Hockenden Weib“ geht es wieder in den Wald hinein und ab diesem Moment auch fast ausschließlich bergauf. 

Das „Hockende Weib“ ist ein Felsengebilde, das als Teil der Klippenkette der Dörenther Klippen als Wahrzeichen der Region gilt. Wie bei allen besonderen Orten gibt es auch hier eine tragische Sage, die den Namen erklärt: 

Einst, als das Meer noch bis an den Teutoburger Wald reichte, lebte dort eine Frau mit zwei Kindern. Als erneut die Flut kam und sie vom Wasser überrascht wurden, versuchte die Frau ihre Kinder zu retten und bat Gott um Hilfe. Dieser erhörte ihr Flehen und verwandelte sie in Stein, sodass ihre Kinder auf dem Rücken Schutz vor dem Wasser suchen konnten.

Die Sage vom Hockenden Weib, Überlieferung

Das „Hockende Weib“ ist heute der höchste Felsen der Klippenkette.

Die Almhütte

Besteigt man nun den steilen Weg, der zwischen den Klippen hinaufführt, kommt man an der höchsten Stelle auf einen breiten Weg, an dem sich eine (für die Gegend ungewöhnlich!) Almhütte mitten im Wald befindet. Aufgrund der aktuellen Situation gibt es dort allerdings nur Getränke und eine Wurst auf die Hand. Als hungriger Wanderer sollte man also entweder genügend Proviant dabeihaben oder sich nach einer anderen Einkehr in der Gegend erkundigen. Von der Almhütte aus sind es dann nur noch wenige Meter durch den verwunschenen Wald voller Nadelholz und Farn bis zum Startpunkt der Wanderung.  

Sagen, Legenden und ein magischer Wald

Inklusive des Bogens, den wir durch unsere kleine Wegirrung gemacht haben, sind wir etwas mehr als 12 Kilometer in gemütlichen 4 Stunden mit einigen Foto- und Aussichtspausen gelaufen. Wer es ein wenig magisch mag, sich gerne mit alten Sagen und Legenden aus dem Volksmund befasst und ein großes Herz für die heimische Natur und Landschaft hat, für den ist die Teutoschleife um die Dörenther Klippen auch als Anfänger eine gute Wahl. Der Weg ist zwar vor allem am Schluss recht fordernd, aber dafür wunderschön zu laufen und bietet viele abwechslungsreiche Landschaftsformen auf einer einzigen Strecke. 

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