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Literatur | Fantasywelten – Genres & Subgenres in der Fantasy (1)

Wird man gefragt, was man gerne liest, geben sich die meisten Menschen mit „Bücher allgemein“ zufrieden (traurig, aber wahr). Manch Interessierter fragt noch genauer nach und möchte das Genre wissen, aber auch da reicht meistens „Fantasy“ oder „Liebesroman“ als Antwort. „High Fantasy“ oder „New Adult Romance“ sind für den Ottonormal-Leser in der Regel dann doch schon zu spartig und im Zweifel erntet man verständnislose Blicke und ein „Ich hab doch nur gefragt, was du gerne liest. Ich hatte nicht vor Literaturwissenschaft zu studieren!“.

Mal ganz abgesehen davon, dass Fantasy-Genres eher weniger Beachtung in einem literaturwissenschaftlichen Studium finden (extra für euch getestet!), sagt das schon sehr viel darüber aus, wie wenig sich die meisten Gelegenheits- oder Nicht-Leser mit Genres, Subgenres geschweige denn Crossovers befassen. Müssen sie ja auch gar nicht. Wer aber gerne Fantastisches liest und der Buchhändlerin des Vertrauens die Arbeit erleichtern will, kann jetzt gerne mit mir abnerden und sich die Fantasy (nicht Phantastik!) in all ihrer Pracht und mit all ihren verrückten kleinen Nischengenres anschauen. 

Im ersten Teil geht es um Fantasy allgemein sowie die Subgenres Dark, Grimdark und High Fantasy. Im zweiten Teil (Hier entlang!) geht es dann um Historische Fantasy, Romantasy sowie Portal-, Tier-, Urban- und Völker-Fantasy! 

Phantastik ist nicht gleich Fantasy!

Fantasy (engl. für Fantasie) ist ein – und jetzt aufgepasst – Genre der Phantastik. Denn gleich vorab: Fantasy ist nicht das gleiche wie Phantastik. Die Phantastik ist ein Über- oder Genrebegriff, der eigentlich nur aussagt, dass etwas „nicht wissenschaftlich“ ist. Phantastik kann also alles beschreiben, was in irgendeiner (literarischen) Form gegen Naturgesetze verstößt – nach dieser Definition z.B. auch die Bibel. Auch innerhalb der Literaturwissenschaft gibt es da Diskussionen und verschiedene Ansätze, was aber an dieser Stelle zu weit führen würde. Man merke sich für das Jetzt bitte nur: Fantasy ist ein TEIL der Phantastik und Phantastik nicht zwangsläufig Fantasy!

Ohne Tolkien keine Fantasy?

Allein dass bei einer Google-Suche nach dem Begriff „Fantasy“ zuerst die gleichnamige Schlagerband in den Ergebnissen auftaucht und erst dann die literarische Fantasy wie wir sie kennen, sagt wohl einiges über unsere belesene Gesellschaft aus. Dabei ist die Fantasy (ebenso wie die Science-Fiction, denn auch das ist nicht das gleiche!) ein sehr breitgefächertes Genre, das viele Subgenres und Crossover-Möglichkeiten zu bieten hat. Die Fantasy kann in ihrer Entwicklungsgeschichte zunächst einmal als Weiterentwicklung antiker Sagen und Heldenepen gesehen werden. An vielen Stellen (z.B. Rick Riordans „Percy Jackson“, „Die Kane-Chroniken” usw.) sieht man, dass in der Fantasy auch heute noch gerne auf die eigenen Ursprünge zurückgegriffen wird. Im weiteren Verlauf der Geschichte (vor allem im 19. Jahrhundert) kamen Märchen und märchenhafte Erzählungen mit philosophischem Ansatz hinzu. Später woben Autoren wie Edgar Allan Poe vermehrt übernatürliche Elemente, die „nicht von dieser Welt“ zu sein schienen, in ihre Romane ein. 

Und dann kam Tolkien. „Ohne Tolkien keine Fantasy“ – oft wird J.R.R. Tolkien als Begründer der Fantasy im Allgemeinen gesehen. Obwohl ich seit Kindestagen bekennender Tolkienfan und Mitglied der Deutschen Tolkiengesellschaft bin, würde ich sagen: so ganz stimmt es nicht. „Ohne Tolkien keine moderne Fantasy“ träfe es da schon eher. Denn begründet hat die Ring-Rückgabeaktion die Fantasy sicherlich nicht, weit nach vorne gebracht und einen Boom ausgelöst, der bis heute andauert, aber schon. 

Magie, Welten und Völker

Per Definition stellt die Fantasy also übernatürliche, magische oder märchenhafte Elemente ins Zentrum ihrer Erzählung. Dabei werden vielerlei Mythen, bekannte Märchen, Sagen & Legenden adaptiert oder dienen zumindest als Inspiration. Zudem gibt es oft einen eigenen, komplexen Weltenbau und neben den Menschen mindestens noch ein anderes Volk, das sich in bestimmten Merkmalen von diesen unterscheidet. Die zeitliche Einordnung in der Fantasy ist flexibel. So kann eine Geschichte beispielsweise eine ganze eigene Zeitrechnung haben (vgl. „Game of Thrones“) oder aber in einem historischen Setting spielen und dieses lediglich um phantastische Elemente ergänzen. Alle weiteren Optionen obliegen dann schon der jeweiligen Subgenre-Einteilung, mit der wir uns nun befassen wollen.

Subgenres in der Fantasy

Phantastik ist nicht gleich Fantasy. Fantasy ist aber auch nicht gleich Fantasy. Denn es gibt mannigfaltige Möglichkeiten, phantastische Elemente in eine Geschichte einfließen zu lassen und die reichen von urbaner Märchenadaption bis hin zu brutal-dunkler Fantasy voller Anti-Helden. Das Gute daran: es ist für jeden noch so verrückten Nischenliebhaber etwas Passendes dabei!

Dark Fantasy

Kurzgesagt: wenn „Wesen der Nacht“ (also Vampire, Werwölfe, Gestaltwandler & Co.) ihr Unwesen in einer Geschichte treiben, kann man recht sicher sein, dass es sich um Dark Fantasy handelt.

Dark Fantasy ist im Prinzip der kleine Bruder des Horrors. Beispiele (die teilweise auch einem weiteren Subgenre angehören können): „Twilight“ von Stephenie Meyer, „Ritus“ von Markus Heitz oder „Die Chroniken der Unterwelt“ von Cassandra Clare. Der Grundton dieser Geschichten ist meist düster bis melancholisch.

Grimdark Fantasy

Kurzgesagt: die Hütte brennt und jeder hat Dreck am Stecken! 

Wenn es auf den ersten Blick keinen echten Helden gibt, weil jeder etwas Dunkles zu verbergen hat, und wir dauernd mit dem Tod von Gegnern wie geliebten Charakteren konfrontiert werden, handelt es sich ziemlich sicher um Grimdark Fantasy. Außerdem kann man sich hier nie sicher sein, dass der Hauptcharakter überhaupt bis zum Ende der Geschichte überleben wird. Beispiele (auch hier gibt es natürlich Überschneidungen mit anderen Subgenres): „Game of Thrones“ von George R.R. Martin oder „Waffenschwestern“ von Mark Lawrence. Der Grundton dieser Geschichten ist düster und brutal, die Handlung besteht meistens aus Mord und Totschlag.

High Fantasy

Kurzgesagt: vermutlich das, was die meisten unter „Fantasy“ verstehen. Eine Gruppe von Helden macht sich auf den Weg, um eine Quest zu lösen.

Das kann bedeuten, dass die Jungfrau in Nöten befreit werden muss, ein Drache eins auf die Nase bekommt oder mehrere Völker (wie Menschen und Elben etc.) gegen das Große Böse kämpfen. Beispiele: „Der Herr der Ringe“ von J.R.R. Tolkien, „Die Chroniken von Narnia“ von C.S. Lewis oder „Die Shannara Chroniken“ von Terry Brooks. Abgesehen von der inflationären Verwendung des Begriffs Chroniken im Titel dieser Werke, zeichnet sich High Fantasy außerdem durch einen moralisch-motivierenden Grundton aus: für das Gute kämpfen, den Schwachen helfen und eine Quest absolvieren, sie Geschichte schreiben wird (im doppelten Sinne). 

Ausblick

Die drei behandelten Subgenres der Fantasy decken zwar schon einen großen Teil der Fantasy-Literatur ab, es gibt aber noch unzählige weitere Nischengenres. Auch wenn die Grenzen dabei oft verschwimmen und viele Bücher natürlichen mehreren Subgenres zugeordnet werden können, lohnt sich dennoch ein Blick auf die weiteren Spielarten der Fantasywelten. Im zweiten Teil soll es deshalb um Historische Fantasy, Romantasy und Portal-, Tier-, Urban- und Völker-Fantasy gehen!

Zum zweiten Teil: https://geeksantiques.de/literatur-fantasywelten-genres-subgenres-in-der-fantasy-2/

Alle Bücher im Überblick

Ich habe versucht, alle genannten Bücher aus dem Artikel in einer (möglichst vollständigen) Liste zu sammeln! Falls euch noch ein Buch fehlt und ihr der Meinung seid, dass es unbedingt auf die Liste der Genre-Klassiker der Fantasy sollte, sagt Bescheid, dann ergänze ich die Sammlung.

Zur Liste bei Circl: https://circl.link/ref/aNRmF *

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