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Rezension | Tom Jacuba – Der Sturm

Rezensionsexemplar // In ganz Europa und insbesondere in Deutschland genießt William Shakespeare ein hohes Ansehen und so ist es nicht verwunderlich, dass es auch in der deutschen Literatur immer wieder Adaptionen und Neuerzählungen (mehr oder weniger bekannter) Werke des britischen Dramatikers gibt. Im Juli 2018 erschien bei Bastei Lübbe „Der Sturm“ – frei nach Shakespeare aus der Feder von Tom Jacuba, der vor allem für seine Kalypto-Reihe bekannt ist. Der Fantasyroman versteht sich als lose Nacherzählung des Shakespeare Originals The Tempest (dt. Der Sturm) und erweitert den Handlungsrahmen dabei um die (mögliche) Vorgeschichte des Magiers Prospero und seiner herzoglichen Familie.

400 Jahre später

Das Theaterstück von William Shakespeare wurde 1611 fertiggestellt und handelt von Prospero, dem rechtmäßigen Herzog von Mailand, seiner Tochter Miranda und ihrer gemeinsamen Flucht vor Prosperos Bruder Antonio. Gestrandet auf einer Insel gibt Prospero sich ganz der Magie hin, um seine Feinde zu zerschlagen. Fast 400 Jahre später erzählt Tom Jacuba uns die Geschichte auf eine sehr ähnliche, wenn auch umfangreichere Art: die Personen sind bis auf wenige Abweichungen dieselben geblieben, lediglich die Handlung umfasst neben Prosperos Flucht auf die Insel auch die Vorgeschichte am Hofe von Mailand. Denn nach dem Tod der Herzogin Julia versucht Prospero diese mit Hilfe der Hexe Coraxa und ihres Zauberbuchs aus der Unterwelt zurückzuholen. Doch die Beschwörung hat Konsequenzen, Prosperos Bruder Tonio besteigt den Herzogssitz und zwingt Prospero gemeinsam mit seiner Tochter Miranda zur Flucht auf eine Insel.

Das Buch an sich ist in vier weitere „Bücher“ unterteilt, die jeweils (mit mehreren Zeitsprüngen, Rückblenden und Perspektivwechseln) einen Lebensabschnitt Prosperos thematisieren. Direkt am Anfang des Buches gibt es eine Übersicht mit den Dramatis Personae, zu der ich während der Lektüre der ersten Seiten leider häufig zurückkehren musste. Der Einstieg in die Geschichte fiel mir einerseits aufgrund der schieren Fülle von Personen, andererseits aufgrund der Flut an Eindrücken und Informationen recht schwer.

Weder am Anfang noch zu einem späteren Zeitpunkt konnte ich einen richtigen Draht zu den Figuren aufbauen, nicht zu den eigentlichen „Sympathieträgern“ Prospero und Julia und leider auch nicht zu deren gemeinsamer Tochter Miranda. Zudem empfand ich auch die sprachliche Abhebung von Miranda durch die Wahl der Ich-Perspektive im Vergleich zu der sonst verwendeten Dritten Person als eher störend. Sogar die Hexe Coraxa und den Uhu Buback halte ich im Nachhinein für menschlicher und in ihren Handlungen (sofern man bei einem Uhu davon sprechen kann) nachvollziehbarer, als die „echten“ Menschen. Vor allem Prospero ist bis zum Schluss für mich ein inkonsistenter Charakter geblieben und durchlief leider keine wirkliche Entwicklung.

Historischer Roman mit wenigen fantastischen Elementen

Ab der Hälfte des zweiten Buches habe ich den „Sturm“ in einem Zug gelesen, da ich ansonsten vermutlich nicht im Lesefluss hätte bleiben können. Tom Jacuba schafft es hier in meinen Augen leider nicht, den Leser am Ball zu halten. Die 512 Seiten haben sich für mein Empfinden sehr gezogen und wurden mit vielen Worten aufgebauscht, obwohl die ausschweifende Erzählweise an vielen Stellen weder inhaltlich noch stilistisch vonnöten gewesen wäre. Für mich ist „Der Sturm“ in dieser Form eher mit einem historischen Roman zu vergleichen, der sehr wenige Fantasy-Elemente enthält und zu viel Wert auf Details legt. Das Buch war bereits im Voraus als „anders“ angekündigt und mit einer magischen Fantasie-Welt wie aus Jacubas „Kalypto“ oder dem Originalstück hat es wirklich nicht viel zu tun.

Alles in allem ist „Der Sturm“ kein schlechtes Buch – vom Stil, den Längen und der Erzählweise aber leider nicht für jedermann, sondern in meinen Augen nur für Genre-Fans und Freunde des signifikanten ausschweifenden Stil Jacubas geeignet.

Literaturverweis:

Jacuba, Tom (2018): Der Sturm. Köln: Bastei Lübbe

Buchdaten:

Einband: flexibler Einband
Seitenzahl: 512
Altersempfehlung: ab 16 Jahre
Erscheinungsdatum: 27.07.2018
Sprache: Deutsch
Verlag: Bastei Lübbe
ISBN: 978-3-404-20911-8

Ich habe dieses Exemplar im Rahmen einer Leserunde von Bastei Lübbe als Rezensionsexemplar erhalten. Vielen Dank dafür! Die Buchdaten sind der Verlagshomepage entnommen.

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